Was muss der Mensch?

Teil 2: Bekommen Sie Klarheit darüber, was Sie wirklich wollen

Was negativ klingt, wird umso schlüssiger, wenn wir es ins Positive verkehren: Nehmen Sie an, Sie selbst dürfen entscheiden, womit Sie künftig Ihr Geld verdienen wollen. Das halten Sie nicht für möglich? Lassen Sie mich das Gedankenspiel fortführen: Wenn Sie beispielsweise entschieden haben, mit genau der Tätigkeit X Ihr Geld zu verdienen, können Sie den Gedanken weiter positiv ausbauen: Gibt es eine solche Tätigkeit in dem Unternehmen, in dem Sie aktuell arbeiten? Welche Schritte müssten Sie unternehmen, um an diese Position zu kommen?

Oder aber Sie merken im Rahmen Ihres Ziel-Formulierungs-Prozesses, dass beispielsweise eine Tätigkeit in einem ökologisch wirtschaftenden Unternehmen Ihnen wichtiger, sinnstiftender ist, als auf eine konkrete Tätigkeit. Auch dann sind Sie am Ziel: Sie wissen nun, was Sie wollen! Nun vergleichen Sie beide Optionen mit Ihrer aktuellen Situation: Sie haben eine Tätigkeit, die Sie nicht erfüllt und arbeiten auch noch in einem Unternehmen, dass nicht nach Ihren Werten handelt. Ich würde sagen, jede Option ist besser als diese.

Wissen, was man will

Vor dem TUN dessen, was Sie wollen, steht als das WISSEN darum, was Sie wollen. Dieses Wissen versetzt uns in die stärkende Position der Selbstwirksamkeit. Denn wenn ich tue, was ich muss, so bin ich Opfer – passiv, abhängig. Andere entscheiden, was mit mir geschieht.

Wenn wir hingegen wissen, was wir wollen, so werden wir alles daransetzen, dies zu verwirklichen: Schritte auf dem Weg zu unserem Ziel sind dann keine äußerlichen Zwänge mehr, sondern lediglich logische Notwendigkeiten auf dem Weg zu unserem eigentlichen Wollen.

Wenn ich tue, was ich will, erbringe ich womöglich sogar mit Freude Opfer, wenn sie meinem Ziel dienen!

Aus unseren eigenen, innersten Zielen entsteht also unterwegs ein „gewolltes Müssen“ und kein „gemusstes Müssen“, das uns scheinbare äußere Zwänge aufoktroyieren. Wenn ich mein Ziel verändere, verändere ich auch, was ich infolgedessen muss. Dann sind wir aktiv, wir sind Ausführende, wir erschaffen unsere Welt selbst. Auch dann müssen oder brauchen wir dieses oder jenes – allerdings ausschließlich deshalb, weil am Ende unser Ziel steht. Alles, was wir tun, unterliegt dann also unserem eigenen Wunsch. An dieser Stelle fällt mir ein umgekehrtes Beispiel aus der Literatur ein: Schillers Maria Stuart erhebt den Zwang zu ihrem eigenen Willen – und wird somit frei. Halten Sie es lieber andersherum: Machen Sie Ihren Willen zum Wegweiser für eventuelle (aus dem Weg zum Ziel resultierende) Zwänge, die jedoch zu Ihrem ureigenen Ziel führen. Wer das Ziel frei wählen kann, geht auch den Weg als frei Entscheidende:r.

Aber wie lassen sich diese Überlegungen auf die Praxis münzen: Ist man in einem Betrieb nicht immer abhängig von anderen, von Kolleg:innen, Vorgesetzten, von Kundenwünschen, Investoren-Erwartungen? Nun, wenn dies das ist, was Sie wollen, weil Sie ein Produkt kreiert haben, dessen Verkauf Ihr höchstes Ziel ist, dann entspricht Ihr Wirken in diesem betrieblichen Kontext womöglich genau Ihrem Wollen!

Als Leader eigene Ziele verfolgen – das Müssen durch das Wollen ersetzen für sich und andere

Wie sieht es aus, wenn Sie als Vorgesetzte:r Ihre Ziele und die Ihrer Mitarbeiter:innen in Einklang wissen wollen? Eigentlich gibt es nur einen Weg, z.B. im Rahmen eines Veränderungsprozesses herauszufinden, wer mit Ihnen hinter Ihren Zielen steht: Leben Sie Ihre Ziele vor!  Und die, die dieselben Ziele verfolgen, die sich mit Ihnen identifizieren, werden bleiben und mitgehen. Niemand muss in Ihrem Unternehmen arbeiten. Geld verdienen können die Menschen auch in anderen Betrieben. Wenn Sie als Führungskraft, als Wegweiser, eine Veränderung anstreben, in den Change-Prozess gehen, werden diejenigen bleiben, die dasselbe wollen wie Sie. Das mag radikal klingen!

Deshalb steht an erster Stelle: Klären Sie Ihre Ziele. Klären Sie die Bedürfnisse und die Schritte, die Sie gehen müssen, um Ihr Wollen zu realisieren. Gehen Sie die Schritte! Ihr Tun wird andere inspirieren, Ihnen als Leader zu folgen, Ihre Ziele zu erkennen und damit für sich selbst zu entdecken, ob man im Team mit Ihren Zielen übereinstimmt. Seien Sie Vorbild. Laden Sie Ihre Mitarbeiter:innen und Kolleg:innen ein, mit Leidenschaft ihre eigenen Ziele zu erkennen. Denn aktive, selbstwirksame, eigenverantwortliche Mitarbeiter:innen werden Ihr Unternehmen mit der nötigen Leidenschaft und Identifikation unterstützen. Menschen erkennen intuitiv, wenn jemand aus Leidenschaft handelt. Sie stellen Fragen und lassen sich davon inspirieren. Ideales Ziel: Am Ende tun alle, was sie wollen – weil sie ein gemeinsames Wollen, ein gemeinsames Ziel verfolgen. An diesem Punkt werden Belohnung oder Drohungen, wird Machtausübung aus reinem Selbstzweck überflüssig.

Vom Müssen zum Wollen

Fragen Sie sich ab heute: Will ich das wirklich? Und wenn die Antwort „Nein“ lautet, dann stellen Sie die Frage: Was will ich stattdessen? Ich gebe Ihnen deshalb mit auf den Weg: Sie als Erwachsener sind für sich selbst verantwortlich. Sie sind frei, alles zu tun, zu wollen und zu sein, das Sie wünschen. Was auch immer Sie vorhaben: Sie haben die Freiheit und die Verantwortung, es zu tun und mit den Folgen zu leben. Denn der Sinn des Lebens ist es, das Leben bestmöglich, oder wenn Sie so wollen, schönstmöglich zu leben.